Interview mit einem Neumitglied – Frau Dagmar Feldgen – Vizepräsidentin beim Bundesamt für Soziale Sicherung

Frau Dagmar Feldgen

Frau Dagmar Feldgen

 

Dagmar Feldgen (Bild) ist dem MachMit!-Sozialwerk beigetreten. Die 60jährige ist seit dem 1. Mai 2020 Vizepräsidentin des Bundesamtes für Soziale Sicherung (BAS). Im folgenden Interview stellt sie sich vor:

? Frau Feldgen, was hat Sie zu der Mitgliedschaft bewegt?

Ich begrüße es sehr, dass es in der Arbeits- und Sozialverwaltung des Bundes mit dem Sozialwerk MachMit! eine Einrichtung gibt, die durch vielfältige Aktivitäten das kollegiale Miteinander stärkt und Beschäftigten in für sie besonderen Situationen ganz konkret zur Seite steht. Ich war bisher selbst noch nicht in einer Situation, ein Sozialwerk in Anspruch nehmen zu wollen, habe ich mich aber gerne schnell überzeugen lassen, dass ich das Sozialwerk nicht nur wie bisher mit Spenden sondern auch mit einer dauerhaften Mitgliedschaft solidarisch unterstützen kann. Neben der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft sollte dies vielleicht ein selbstverständlicher Schritt für Kolleginnen und Kollegen in unserem Arbeitsumfeld des Öffentlichen Dienstes sein. Dies gilt gerade in unruhigen Zeiten, wo wir alle mehr zusammenrücken und aufeinander achten sollten.

? Sie sind seit vielen Jahren vor allem im BMAS und in der öffentlichen Verwaltung unterwegs. Mögen Sie uns einige Stationen Ihres Werdegangs nennen?

Am 1. Mai 1990 – dem Tag der Arbeit, dem historisch erkämpften Feiertag – durfte ich meinen Dienst im BMAS antreten. Dort erwartete mich die wohl spannendste Aufgabe meiner Laufbahn: Mitarbeit im Arbeitsstab Deutsche Einheit – wir konnten durch unsere Zuarbeit für Minister Norbert Blüm (CDU) den Einigungsprozess aktiv mitgestalten und haben in kurzer Zeit viel erlebt und bewegt, es gab ja keine Blau-Pause für diese historische Aufgabe. Danach war ich über fünf Jahre klassisch als Juristin in der Arbeitsrechts-Abteilung tätig, u.a. auch mit Fragen des Aufbaus der Arbeitsgerichtsbarkeit in den neuen Ländern betraut. Eher per Zufall bin ich über eine Aufgabe zur Diskriminierung am Arbeitsplatz zum Interministeriellen Arbeitsstab der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung gestoßen; er war damals im BMAS angesiedelt und wurde von Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP) und dann unter „Rot-Grün“ von Marie-Luise Beck (GRÜNE) jeweils noch im Ehrenamt als MdB geleitet. 2001 konnte ich ein eigenes Referat – Grundsatzfragen der Ausländerpolitik – in der Arbeitsmarktabteilung des BMAS übernehmen. Nach sieben Jahren ergriff ich die Chance, im AA meine langjährige Idee von einem beruflichen Leben im Ausland umzusetzen: im Sommer 2008 übernahm ich den Posten als Sozialreferentin an der Deutschen Botschaft in Rom, mit den interessanten Zusatzakkreditierungen Albanien und Kroatien. Und im Anschluss konnte ich bis Sommer 2018 an der Ständigen Vertretung in Brüssel das Referat Arbeit und Soziales leiten – eine Wunschverwendung, waren mir doch die EU-Verhandlungen vor Ort aus den europäischen Vorhaben im Arbeits- und Ausländerrecht vertraut. Danach ging es zurück ins BMAS in Berlin, in das Rechtsreferat der Unterabteilung „Europa“, die ich auch parallel über ein halbes Jahr in Vertretung leitete. Dann kam schließlich das Angebot, 2020 als Vizepräsidentin ins BAS zu kommen und nun bleibe ich in der rheinischen Heimat. Dienstbeginn war übrigens wieder ein 1. Mai…

? Haben Sie bestimmte Themen und Vorhaben im Blick, die Sie zukünftig bei MachMit! voranbringen oder auch initiieren möchten?

MachMit macht schon sehr gute Sachen – vor allem mit Blick auf Familien. Gut ist, wenn kinderreiche Familien und Alleinerziehende besonders im Blick sind. Ich hoffe, dass dabei Familien aus allen Kulturkreisen repräsentiert sind und Integration auch insoweit gelingt bzw. befördert werden kann. Und vielleicht kann man die (kinderreichen) Familien generationenübergreifend definieren und die inzwischen alleinstehende, aber noch fitte Oma mit in die Ferien nehmen?

Stichwort Oma oder Opa: Ein Bereich, der mir noch ausbaufähig scheint, ist die Unterstützung bei Pflegebedürftigkeit. Voll Berufstätige – gerade in meinem Alter – kommen vielfach an ihre Grenzen, wenn sie privat Eltern oder andere Verwandte zu betreuen haben. Toll finde ich deshalb die Idee von MachMit, dass Familien gemeinsam mit ihren pflegebedürftigen Angehörigen in die Ferien fahren damit alle auf ihre Kosten kommen (und die oft nervende Suche nach einer ungewohnten Kurzzeitpflege entfällt).

Insgesamt sieht die reale Welt der offiziellen Angebote für Pflegende sehr verwirrend aus, wenn man plötzlich Hilfe und Unterstützung für konkrete eilige Entscheidungen benötigt, das überfordert oft. Manchmal können Personen aus dem Kollegenkreis mit Rat und Tat zur Seite stehen, und vielleicht kann MachMit hiervon profitieren für eigene Aktionen. Das gilt auch für Trauerfälle, wenn neben dem Schmerz über den Verlust von nahen Angehörigen noch die dringende Notwendigkeit von Beihilfeabrechnungen und anderem „Papierkram“ kommt – gerade im Öffentlichen Dienst können wir doch mit sowas professionell umgehen.

? Wir möchten Sie auch persönlich näher kennenlernen: Wie gestalten Sie Ihre freie Zeit ? Haben Sie bestimmte Interessen und/oder Hobbys?

Mein liebstes Hobby bleibt das Reisen, egal ob Eifel oder Neuseeland. Ich suche meist Ziele mit hohem Naturanteil, an denen ich Schwimmen, Radfahren oder Wandern. Wegen der sitzenden Bürotätigkeit brauche ich als Ausgleich Bewegung. Auf Reisen lese ich (endlich) viel – am liebsten Atmosphärisches über die jeweilige Gegend. Apropos Lesen: ich kann durch längeres tägliches Pendeln im ÖPNV wieder Versäumtes „aufholen“. Ansonsten mag ich Kulinarik, Kultur und Kunst, Kino besonders und Fotoausstellungen – ich „knipse“ selbst gerne. Persönlich freue ich mich über den glücklichen Umstand, dass meine betagte Mutter noch so selbständig und rüstig ist, dass wir einiges am Wochenende zusammen unternehmen können – sie hat die besten Tipps für moderne Museen oder den Wald. Insgesamt wird es mir jedenfalls außerhalb des Dienstes nie langweilig. Die englische Floskel von der „Work-live-balance“ finde ich missverständlich, da gerade Arbeit ein wichtiger und qualitativ guter, integrierter Teil des Lebens sein sollte. Wenn man in einem Sinn-stiftenden Bereich des öffentlichen Dienstes tätig ist, müsste dies gelingen, bei „Arbeit und Soziales“ garantiert.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Feldgen